Wenn selbst Frau Künast, die mittlerweile deswegen von vielen Seiten Gegenwind bekommen hat, versucht, ein Luftfahrt-Drehkreuz daran festzumachen, ob von dort Flüge deutschlandweit, europaweit oder gar weltweit abgehen, wird offensichtlich, daß eigentlich kaum einer genau weiß, was so ein Drehkreuz eigentlich ist. Wikipedia schreibt dazu:
Unter einem (Luftfahrt-)Drehkreuz, auch (Air-)Hub (engl. air für Luft; hub für Nabe, Dreh- und Angelpunkt, Schnittstelle) genannt, versteht man in der Luftverkehrswirtschaft im Unterschied zu dem umfassenderen Begriff Verkehrsknotenpunkt einen „Umsteigeflughafen“ einer Fluggesellschaft oder mehrerer kooperierender Fluggesellschaften, einer Allianz, zum Umstieg zwischen Kurz-, Mittel- und Langstreckenflügen.
Als kennzeichnendes Merkmal eines Drehkreuzes sollen alle fünf folgenden Punkte erfüllt sein:
- zahlreiche Umsteigemöglichkeiten zwischen Flügen derselben Fluggesellschaft oder Fluggesellschaften einer Allianz,
- Zubringerfunktion der Kurz- und Mittelstreckenflüge für Mittel- und Langstreckenflüge derselben Fluggesellschaft oder Allianz,
- Auflistung der Umsteigeverbindungen im Flugplan der Fluggesellschaft als One-Stop-Flüge, d. h. Flugkombinationen, die mit einem Flugzeugwechsel verbunden sind; im Flugplan meist mit dem lateinischen Wort „via“ (Weg/Straße) im Sinne von „der Weg führt über Musterstadt“ (z. B. von München nach New York via Paris = München → Paris → New York),
- der planmäßig umstiegsbedingte Zeitaufwand darf nicht außer Verhältnis zu der Gesamtreisezeit liegen, die für einen (potenziellen) Non-Stop- oder Direktflug (Zwischenstop ohne Flugzeugwechsel) benötigt würde,
- Ziel ist die dauerhafte Rentabilität des – sowohl planungstechnisch, als auch logistisch – aufwändigen Drehkreuzes.
Das Wesentliche ist: Um einen Flughafen zu einem Drehkreuz zu machen, müssen dort viele Passagiere (durch-)reisen, die nicht aus dem eigentlichen Einzugsgebiet des Flughafens stammen, sondern dort nur umsteigen. Ein Flughafen, der weltweite Direktverbindungen anbietet, ist nach dieser Definition also nicht automatisch ein Luftfahrt-Drehkreuz, so z.B. Tegel und Schönefeld, wie sie heute betrieben werden. Um also zu einem Drehkreuz zu werden, müßte ein zukünftiger Flughafen BBI Umsteige-Fluggäste anwerben, z.B. Passagiere, die via Berlin mit Air Berlin aus Kopenhagen zum Allianz-Anschlußflug von Quantas nach Australien transportiert werden (natürlich ohne dabei von der Region Berlin–Brandenburg mehr als die Spreewald-Gurken in der Transithalle zu Gesicht zu bekommen).
Das Flughafenkonzept 2009 der Bundesregierung führt zwei große Hub-Flughäfen (Drehkreuze) für Deutschland auf: Frankfurt und München (S.33). Berlin (beide Flughäfen) wird als „Großer Flughafen“ aufgeführt, der Ausbau von Berlin und Düsseldorf zu weiteren Flughäfen mit „Hub“-Funktion wird zwar nicht ausgeschlossen, aber von „künftigen Entwicklungen und insbesondere dem Nachfrageverhalten der Nutzer abhängig“ gemacht.
Das Flughafenkonzept der Bundesregierung gibt strenge Kriterien für Entwicklung des nationalen Flughafensystems vor (S.64):
Dem Umweltschutz im Luftverkehr kommt aufgrund des Verkehrswachstums eine besondere Bedeutung zu. Die heutige Stellung Deutschlands in der Weltwirtschaft wäre ohne ein leistungsfähiges Luftverkehrssystem nicht denkbar. Auch hier gilt es, Ökologie und Ökonomie in Einklang zu bringen. Um den für den Wirtschaftsstandort Deutschland wichtigen Luftverkehr auch in Zukunft zu sichern, sind daher wirkungsvolle Maßnahmen zum Umweltschutz erforderlich. Hierbei können Flughäfen und Luftverkehrsunternehmen nicht völlig unabhängig voneinander betrachtet werden, so dass eine Reduzierung der von Flugzeugen ausgehenden Schadstoffemissionen und des Fluglärms ein wichtiges verkehrs- und umweltpolitisches Ziel bleibt.
Wer nun fordert, der ausgebaute Flughafen Schönefeld solle als BBI zum internationalen Luftdrehkreuz werden, der sollte folgende Fragen beantworten:
- Wem nützt diese besondere Drehkreuz-Funktion?
- Wiegt der Nutzen, der durch den Transport von durchreisenden Fluggästen erzielt wird, den Schaden in Form von Lärm und Umweltschäden in der Region auf und kommt er tatsächlich den Berlinern und Brandenburgern zu gute?
- Ist das in innerstädtische und stadtnahe Wohnbebauung eingebettete Luftfahrt–Drehkreuz überhaupt existenz– und wachstumsfähig oder schränken die notwendigerweise strengen Auflagen des Lärm– und Emmissionsschutzes es soweit ein, daß die Drehkreuz-Infrastruktur nur teuer aber nie profitabel sein wird?
- Macht es volkswirtschaftlichen Sinn, in Berlin mit dauerhaften, staatlichen Subventionen ein Luftfahrt–Drehkreuz nur aus Prestigegründen aufzubauen und zu erhalten und ist das im gesamteuropäischen Rahmen überhaupt zulässig?
Sehr gut strukturierter Beitrag. Hier wird deutlich, dass der Berlin-Brandenburger Schlendriansumpf von Größenwahn getrieben ist, einen Mega-Airport bauen zu wollen, der sogar Heathrow in den Schatten stellen soll.
Noch dazu durch einen erschlichenen Planfeststellungsbeschluss, der das Papier nicht wert ist, auf dem er geschrieben wurde.
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